Aus diesem Anlass blickt Hessens Gesundheitsminister Kai Klose mit Akteur*innen des Gesundheitswesens auf die vergangenen drei Jahre zurück. „Der 7. April 2023 ist damit nach über drei Jahren Corona-Pandemie eine Zäsur“, sagt Klose. „Hinter uns liegt ein langer Weg, an dessen Anfang im Januar 2020 große Ungewissheit stand. Niemand wusste, wie sich das, was in China seinen Ursprung genommen hatte, entwickeln würde. Von Beginn an war entscheidend, dass die Akteur*innen in Hessen konzentriert und besonnen geblieben sind und politische Verantwortungsträger*innen, Wissenschaft, Krankenhäuser, Ärzteschaft und Pflegende sowie der öffentliche Gesundheitsdienst eng zusammengearbeitet haben.“ Die jetzige Lage stimme sehr optimistisch, denn Corona habe sich inzwischen zu einem endemischen Virus entwickelt. Sars-CoV-2 werde uns also weiter begleiten, stelle aber ein beherrschbares Risiko dar.
Planstab stationäre Versorgung – Erfolgsmodell über die Pandemie hinaus
Klose hebt den Schulterschluss im Gesundheitswesen besonders hervor. Auch Player, die sich ansonsten in Konkurrenz zueinander befänden, hätten ihre Interessen zurückgestellt. Das habe ermöglicht, gemeinsam an einem Strang ziehend, auch schwierige Situationen zu bewältigen. Der Minister nennt dabei den von ihm bereits im März 2020 ins Leben gerufenen Planstab stationäre Versorgung unter der Leitung von Prof. Jürgen Graf, dem Ärztlichen Direktor und Vorstandsvorsitzenden des Universitätsklinikums Frankfurt. „Diese Planungseinheit hat sich schnell zum Erfolgsmodell entwickelt. Der Planstab hat die Versorgung schwer Erkrankter in der hierfür am besten geeigneten Infrastruktur – den Kliniken des Landes – sowohl für Patientinnen und Patienten mit als auch ohne COVID-19 zu jeder Zeit sichergestellt. Koordinierende und kooperierende Krankenhäuser, die niedergelassene Ärzteschaft und das HMSI als oberste Gesundheitsbehörde haben hier beispielhaft zusammengearbeitet“, so der Gesundheitsminister.
In der Pandemie sei das Gesundheitswesen zusammengerückt, um eine gute medizinische Versorgung unter schwierigen Bedingungen zu ermöglichen, sagt auch Prof. Jürgen Graf: „Das habe ich auf ganz unterschiedlichen Ebenen erlebt. In unserem Haus – dem Universitätsklinikum Frankfurt – wurde die interdisziplinäre und interprofessionelle Zusammenarbeit gestärkt. Unterschiedliche Berufsgruppen und Fachgebiete haben kurzfristig auf neu geschaffenen Stationen Patientinnen und Patienten behandelt.“ Auf Landesebene sei die Zusammenarbeit durch den Planstab stationäre Versorgung koordiniert worden: „Auch hier war es beeindruckend zu sehen, dass die unterschiedlichen Kliniken an einem Strang gezogen haben, um jederzeit die Patientenversorgung aufrechtzuerhalten. Auf nationaler Ebene wiederum hat das Netzwerk Universitätsmedizin die Kapazitäten der Unikliniken gebündelt und so entscheidende Beiträge für Koordination und Forschung geleistet.“ Aus diesen Leistungen könne auch über die Pandemie hinaus etwas mitgenommen werden: „Wenn wir im Gesundheitswesen koordiniert zusammenarbeiten, erreichen wir bessere Ergebnisse für die Patientinnen und Patienten. Das gilt in Krisensituationen, aber genauso im medizinischen Alltag“, sagt Graf.
Pandemie als Ausnahmesituation – auch für die Niedergelassenen
Frank Dastych, der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH), nennt die Pandemie eine immense Herausforderung für Gesundheitssystem und Gesellschaft. „Meine Bilanz fällt zwiespältig aus: Auf der einen Seite steht die beeindruckende Leistung der ambulanten Versorgung, wenn es um die Behandlung von Erkrankten, das Testen und Impfen geht. Ich möchte mir die Folgen der Pandemie ohne den unglaublichen Einsatz der Niedergelassenen gar nicht vorstellen“, sagte der KVH-Vorstand, der ebenfalls die überwiegend gute und erfolgreiche Zusammenarbeit vieler hessischer Akteure im Gesundheitswesen über die Sektorengrenzen hinweg als positiv hervorhob. „Das sprichwörtliche Unterhaken, das der Minister, das sich Kai Klose immer gewünscht hat, hat also tatsächlich stattgefunden – einen Minister, den man hier auch ausdrücklich loben muss.“ Negativ im Gedächtnis bleibe hingegen „das oft erratische und auch zu oft von fehlenden ethischen Werten geleitete Vorgehen der Politik auf Bundesebene“, so Dastych weiter.
Zusammenarbeit mit der Wissenschaft: Studien als wertvoller Beitrag
Gesundheitsminister Klose dankt auch den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, die die Hauptlast der erfolgreichen Impfkampagne getragen haben. Außerdem benennt er die enge Abstimmung mit der Wissenschaft als einen wesentlichen Faktor, um Hessen gut durch die Pandemie zu bringen: „Neben der schnellen Entwicklung von Impfstoffen hat die Wissenschaft vor allem mit Studien und der Bereitschaft, ständig zu beraten und aufzuklären dazu beigetragen, Wissen über das Virus und darüber, wie es am besten zu bekämpfen ist, zu erlangen.“ Prof. Sandra Ciesek, Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt, erinnert in diesem Zusammenhang an die Situation zu Pandemiebeginn, als Entscheidungen auf einer extrem dünnen Wissensbasis getroffen werden mussten: „Um dafür eine solidere Grundlage zu schaffen, war es erforderlich, gezielt zu relevanten Fragen zu forschen. In Hessen haben Politik und Wissenschaft zu diesem Zweck sehr gut zusammengearbeitet.“ So habe das Hessische Ministerium für Soziales und Integration mehrere Studien in Kitas und Schulen in Auftrag gegeben, die das Institut für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt durchgeführt habe: “So konnten wesentliche Erkenntnisse gewonnen werden, die eine bessere Basis für die weiteren Entscheidungen in der Pandemie geliefert haben. Auch die Förderung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst für das Pandemie-Netzwerk Hessen hat dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet“, so die Virologin.
Die Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung hätten viele Menschenleben gerettet – gleichzeitig sei rückblickend aber natürlich nicht jede Entscheidung sinnvoll gewesen: „Wir sollten das ehrlich evaluieren, aber in der Beurteilung auch nie vergessen, wie wenig verlässliche Informationen zum Zeitpunkt vieler Entscheidungen zu Beginn der Pandemie vorhanden waren. Der in Hessen eingeschlagene Weg, dieses Wissen systematisch auszuweiten, war unter diesen Umständen sehr hilfreich“, sagt Prof. Ciesek.
ÖGD als Mittler zwischen Politik und Bevölkerung
Besonders im Fokus stand während Corona auch der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD), der, so Klose, über die Maßen beansprucht worden sei – etwa mit der Nachverfolgung der Infektionsketten. „Es war in den vergangenen Jahren immer wieder notwendig, weit über die Belastungsgrenzen hinauszugehen. Das ist nicht selbstverständlich. Ohne Sie alle und Ihren Einsatz wäre uns die Bewältigung der Pandemie nicht so gut gelungen“, sagt der Gesundheitsminister mit Blick auf die Beschäftigten des ÖGD.
„Der Schutz der Bevölkerung hat für uns Bevölkerungsmediziner immer oberste Priorität. Mit den unterschiedlichen Maßnahmen, die ergriffen wurden, sollte die Ausbreitung des Virus verlangsamt und unser Gesundheitssystem vor dem Zusammenbruch geschützt werden“, sagt Dr. Peter Tinnemann, Leiter des Gesundheitsamts Frankfurt am Main. „Nun gilt es, die ergriffenen Maßnahmen wissenschaftlich aufzuarbeiten, um herauszufinden, welche Maßnahmen wir bei kommenden Pandemien wieder umsetzen sollten und welche verzichtbar sind, um Leben zu retten.“
Dem pflichtet Minister Klose bei: „Wir müssen aus den vergangenen drei Jahren die richtigen Lehren ziehen. Mit der Errichtung des Hessischen Landesamts für Gesundheit und Pflege haben wir bereits eine wichtige Entscheidung getroffen: Damit verbessern wir den Gesundheitsschutz unserer Bevölkerung weiter und stärken den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Wir vollziehen damit eine entscheidende strukturelle Änderung als direkte Konsequenz aus den Erfahrungen der Pandemie“, so Klose: „Weitere werden sicher folgen. Zentral für den Erfolg bleibt aber der Schulterschluss des Gesundheitswesens während der Pandemie, an den wir anknüpfen. Dafür danke ich allen Beteiligten besonders.“